Neuordnung der Verbandmittel: Aktuelle Entwicklungen und Auswirkungen auf die Wundversorgung
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat eine bedeutende Neuordnung der Verbandmittel beschlossen, die die Wundversorgung in Deutschland nachhaltig verändern wird. Dieser rechtlich bindende Beschluss betrifft Hersteller, medizinisches Fachpersonal und Patientinnen und Patienten gleichermaßen.
Was ändert sich?
Ab sofort werden nur noch Produkte mit physikalischer Wirkung als Verbandmittel anerkannt. Produkte, die eine metabolische, pharmakologische oder immunologische Wirkung besitzen, fallen nicht mehr unter die Kategorie der Verbandmittel. Konkret bedeutet das, dass Wundbehandlungsprodukte, die Silber, Jod oder PHMB (Polyhexanid) enthalten, nicht mehr von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet werden.
Die 48-monatige Übergangsfrist: Seit wann und warum?
Um den Herstellern und dem Gesundheitswesen Zeit zu geben, sich auf diese Änderungen einzustellen, hat der Gesetzgeber eine Übergangsfrist von 48 Monaten festgelegt. Diese Frist begann mit dem Inkrafttreten des G-BA-Beschlusses am 2. Dezember 2020 und endet am 2. Dezember 2024.
Warum diese Übergangsfrist?
Anpassung und Nachweis: Hersteller hatten während dieser Zeit die Möglichkeit, ihre Produkte zu überprüfen und wissenschaftliche Studien einzureichen, um den therapeutischen Nutzen ihrer Produkte nachzuweisen.
Kontinuität in der Versorgung: Um sicherzustellen, dass Patientinnen und Patienten nicht abrupt auf bewährte Produkte verzichten müssen, konnten die betroffenen Produkte während der Übergangsfrist weiterhin zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden.
Herausforderungen und aktuelle Entwicklungen
Trotz der zur Verfügung stehenden Zeit haben die Hersteller bisher keine Rückmeldung vom G-BA bezüglich ihrer eingereichten Studien erhalten. Aus internen Kreisen wurde bekannt, dass der G-BA eine Verlängerung der Übergangsfrist in Erwägung zog, da der Prozess der Bewertung noch nicht abgeschlossen ist. Diese Verlängerung hätte jedoch formal vor dem 2. Dezember 2024 beschlossen werden müssen.
Auswirkungen politischer Veränderungen
Durch die aktuellen politischen Entwicklungen und den Zerfall der Regierung ist es nicht mehr zur geplanten Verlängerung der Übergangsfrist gekommen. Dies bedeutet, dass ab dem 2. Dezember 2024 die betroffenen Produkte ohne physikalische Wirkweise nicht mehr erstattungsfähig sind. Ob und wann erneut Verhandlungen stattfinden werden, ist derzeit ungewiss. Diese Unsicherheit stellt sowohl die Industrie als auch medizinische Fachkräfte und Patientinnen und Patienten vor große Herausforderungen.
Auswirkungen auf die Versorgung
My Self der Gesundheitsdienst ist seit Jahrzehnten in der Wundversorgung tätig. Wir haben Hunderttausende von Versorgungsfällen begleitet und dokumentiert. Die Wundversorgung zählt zu unseren wichtigsten Aufgaben. Die Verwendung von antiinfektiös wirkenden Verbänden war dabei nicht nur sinnvoll, sondern auch aus humanitären Gründen unerlässlich.
Viele unserer Patienten, insbesondere am Lebensende, möchten nicht mehr ins Krankenhaus, um dort Infektionen zu behandeln, die aus ihren Wunden resultieren. Dank antiinfektiös wirkender Verbände konnten wir ihnen ermöglichen, in ihrem häuslichen Umfeld zu bleiben und dennoch eine effektive Behandlung zu erhalten.
Auch chronisch kranke Patienten, wie Diabetiker mit geschwächtem Immunsystem, sind auf diese speziellen Verbände angewiesen. Oft ist es kosteneffizienter und medizinisch sinnvoller, Infektionen durch prophylaktische Maßnahmen zu vermeiden, als sie im Nachhinein teuer behandeln zu müssen. Da die häuslichen Bedingungen bei vielen Wundpatienten nicht immer optimal sind, sind keimreduzierende Maßnahmen in der Wundbehandlung unverzichtbar.
Ohne antiinfektiös wirkende Verbände wird es zwangsläufig zu einem Anstieg von Infektionen kommen, da die therapeutischen Mittel fehlen, um diese im häuslichen Umfeld zu bekämpfen. Dies könnte dazu führen, dass mehr Patienten stationär aufgenommen werden müssen. Die Frage stellt sich, ob die Kapazitäten in Krankenhäusern dafür ausreichend sind und wie sich der sogenannte "Drehtüreffekt" – das ständige Wechseln zwischen häuslicher Pflege und Krankenhausaufenthalten – auf Patienten und das Gesundheitssystem auswirkt.
Da wir antiinfektiös wirkende Verbände für einen essentiellen Bestandteil einer hochwertigen Wundversorgung halten, haben wir uns entschieden, diese Produkte weiterhin in unserem Sortiment zu führen. Leider können dieses Angebot nur Patienten in Anspruch nehmen, die finanziell in der Lage sind, die Kürzungen im Leistungsspektrum selbst zu kompensieren.
Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Maßnahmen auf die Qualität der Wundversorgung auswirken werden. Unstrittig ist, dass der Pflegeaufwand steigen wird, da mehr Infektionen häufigere Verbandswechsel und intensivere Betreuung erfordern. Erschwerend kommt hinzu, dass in Hessen derzeit Uneinigkeit zwischen Krankenkassen und Pflegeverbänden über die Vergütung in der Wundversorgung besteht, was die Situation zusätzlich verkompliziert.
Unsere Befürchtung ist, dass es für Wundpatienten, insbesondere in Hessen, extrem schwierig sein wird, eine angemessene Wundversorgung mit qualifiziertem Personal zu erhalten – zu den aktuell verhandelten Preisen.
Auswirkungen auf Patienten und Versorgung
Die Entscheidung des G-BA hat weitreichende Konsequenzen:
Für Patientinnen und Patienten: Die Qualität der Wundversorgung könnte leiden, besonders für diejenigen, die auf antiinfektiös wirkende Verbände angewiesen sind und sich diese nicht privat leisten können.
Für Pflegepersonal: Der Mehraufwand durch häufigere Verbandswechsel und die Behandlung von Infektionen erhöht die Arbeitsbelastung erheblich.
Für das Gesundheitssystem: Es könnten steigende Kosten durch vermehrte Krankenhausaufenthalte und komplexere Behandlungen entstehen.
Was bedeutet das für Betroffene?
Patienten und Pflegekräfte müssen sich auf Veränderungen in der Wundversorgung einstellen. Es ist ratsam:
Informationen einholen: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Wundmanager über alternative Behandlungsmöglichkeiten.
Kosten überprüfen: Klären Sie, welche Produkte noch von der Krankenkasse erstattet werden und welche nicht.
Informiert bleiben: Bleiben Sie informiert über aktuelle Entwicklungen und mögliche Änderungen der gesetzlichen Regelungen.
Fazit
Die Neuordnung der Verbandmittel durch den G-BA und die unklare Zukunft nach Ablauf der Übergangsfrist am 2. Dezember 2024 stellen das Gesundheitssystem vor erhebliche Herausforderungen. Besonders die Versorgung von Patienten mit chronischen Wunden oder geschwächtem Immunsystem könnte sich verschlechtern. Es ist entscheidend, in dieser unsicheren Zeit informiert zu bleiben und proaktiv nach Lösungen zu suchen.
Bei My Self setzen wir uns dafür ein, unsere Kundinnen und Kunden, Partner sowie das medizinische Fachpersonal bestmöglich zu unterstützen. Trotz der Änderungen werden wir antiinfektiös wirkende Verbände weiterhin in unserem Portfolio anbieten, um eine optimale Wundversorgung zu gewährleisten.
Bei Fragen oder Beratungsbedarf stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns über das Kontaktformular. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage!